Eine besondere Herausforderung am 31.07.2010 war für Helmut Klauke vom TV Flerke der schwerste Ultra-Berglauf in Deutschland über eine 100 Kilometer Laufstrecke (alternativ 80, 66 Kilometer) in Ruhpolding. Mit seinen 4400 Höhenmetern stellt er an das limitierte Starterfeld von 100 Teilnehmern über 100 Kilometer und 50 Teilnehmer über 100 Meilen ein anspruchsvolles Streckenprofil.
Am Freitag um 17:00 Uhr fand die Startnummernausgabe mit Nudelparty und Briefing im Waldstadion statt. Für Samstag war nach zwei Regentagen wieder gutes Laufwetter angesagt.
Der Check-in begann am Samstag um 4:00 Uhr, der Start war um 5:00 Uhr festgelegt. Bei Temperaturen um 8 ° Celsius stand zuerst eine „Einführungsrunde“ über 26 Kilometer auf den Laufplan. Dabei wurden Inzell, Infang, Froschseebach, Schmelz und Zwing angelaufen.
Einige kurze Anstiege standen auf dem Programm ehe es in den Alpinensteig rund um den Rauscheberg ging.
Ein schmaler, rutschiger Weg mit Steinen und Baumwurzeln gespickt. Dr. Giselher Schneider, Chef des Wettkampfes, sagte schon im Briefing: „Wem die 26 Kilometerrunde zu Risikoreich erscheint, sollte anschließend in Stadion aussteigen“. In der Ausschreibung steht, dass der Lauf auf eigenem Risiko geschieht (natürlich wurde die Unterschrift dazu bei der Startnummernausgabe eingefordert). Wörtlich heißt es, örtlich besteht tödliche Absturzgefahr, Steinschlag, Unwetter, Muren, Kreuzotter, Weidevieh, Hofhunde……. welche zu Verletzungen bis zum Tod führen kann.
Die „Flachländer“ und Neulinge bei diesem Lauf zeigten Respekt vor dem Alpinensteig, es wurde nicht gelaufen.
Nachdem wir die Kontrollstelle und Kaitl Alm erreicht hatten ging es Richtung Stadion. Dieses sollte um 8:30 Uhr verlassen werden, nach umziehen und Rucksack befüllen schafft ich die Zeit knapp. Das erste Ziel war zeitlich geschafft, ich wollte mich am Ende des Zeitlimits bewegen.
Das nächste Ziel war die Raffner Alm auf gut 900 Metern und weiter gerade hoch über einer Skipiste zum Unterbergsattel auf 1400 Metern.
Alles auf Wanderwege, dieser Begriff hat in Bayern aber eine andere Bedeutung aus in NRW. Die bayrischen Wanderwege scheinen alle sehr schmal, am Hang gelegen, rutschig, steinig und mit Baumwurzeln durchzogen zu sein.
Um die Brander Alm zu erreichen ging es durch eine nicht endende, aufgeweichte Kuhwiese. Wo war der Weg, wo die Markierung. Planlos irrten wir zwischen Kühe, Kuhfladen, knöcheltiefer Schlammwiese umher. Die Laufschuhe waren mit irgendetwas Flüssiges durchflutet und blieben in der Wiese stecken. Mit verschlammten Schuhen über verschlammte Waldwege, die letzte Rettung war oft nur ein Baum zum festhalten.
Über eine halbe Stunde irrten wir über Waldwege, keine Streckenkennzeichen waren zu finden. Erste Zweifel kamen auf, doch dann kam die ersehnte Markierung. Die Brandner Alm auf 1100 Metern wurde erreicht und die nächste Verpflegungsstelle befand sich auf der Hörndelwand bei 1600 Metern.
Einige Läufer hatten sich auf der Alm gestärkt und der gemeinsame Aufstieg begann.
Es war ein steiniger Weg, der aus Fels und losen Steinen bestand. In Serpentinen arbeiteten wir uns langsam Meter für Meter hoch. Ganz oben am Gipfel konnten wir im Felsen andere Läufer ausmachen, die uns aber wie Puppen erschienen.
An der Getränkestelle angekommen, sahen wir dass wir über unserer Sollzeit lagen. Nicht lange überlegen, Bergab holen wir die verlorene Zeit schon wieder auf. Einen guten Kilometer konnten wir Zeitweise laufen und dann kam ein Abhang.
Wären keine Markierung angebracht, würde ich hier nie und nimmer absteigen. Keine Zeit zum denken, jeder Tritt muss sitzen. Volle Konzentration war jetzt gefragt, 700 Höhenmetern innerhalb von 3 Kilometern müssen abgearbeitet werden. Bei einer Herzfrequenz von nur 130 waren nicht nur die Arme Schweißnass.
Kurze Zeit zum verschnaufen in der Röthelmoos um anschließend über Forststraßen und Wiesen zur Jochberg Alm zu gelangen. Ein letztes Mal keimt Hoffnung auf, 10 Minuten von der Zeitüberschreitung haben wir gut gemacht.
Aber auch zur Hochsattelscharte in 1500 Metern bleiben die Wanderwege bayrisch.
Vorbei an der Grundbad Alm und Bischofsfelln Alm zur Hinteralm bei Kilometer 50. Halbzeit, hier besteht die Möglichkeit eine Teilstrecke von 66 Kilometer zu beenden.
„Kommt für uns überhaupt nicht in Frage“, wir finishen die 80 Kilometer. Realistisch ist wegen der Zeitüberschreitung die 100 Kilometer Strecke leider nicht zu schaffen. Bei Kohlstadt steht der nächste Verpflegungsstand auf 800 Metern. Auch diese Helfer sind super freundlich, erfüllen uns alle Wünsche. Nur wenige Minuten später wissen wir warum. Der nächste Skihang wartet auf uns, auf der Forststraße angekommen wir diese überquert und es geht weiter Berghoch. Ein Trampelpfad über die Wiese geht steil hinauf, Sonne im Rücken und die Nase fasst im Gras. Oben angekommen muss der „Mann mit dem Hammer“ in Wald auf mich gewartet haben. Bis zur Mittelstation auf 1100 Meter mochte ich nicht mehr laufen, erst irgendwann hinunter nach Maria Eck kämpfte ich mich zurück.
Bei Kilometer 66 war alles klar, der Hunderter ist geplatzt. Nach einem Alkoholfreien ging es geruhsam Richtung 80 Kilometer Ziel. Die letzte Verpflegungs- und Kontrollstelle war in Egg, natürlich das letzte und höchstgelegene Haus dieser Ortschaft. Wie immer, super nette Leute die einen alle Wünsche erfüllen. Hatten wir schon oft und ich ahnte etwas. Richtig, nach 75 Kilometer ging es drei Mal unter elektrische Weidezäune her. Selbst die Kuhherde lag auf der „Laufstrecke“, also drum herum laufen, in den Wald hinein und dann kam noch ein brutaler Abstieg. Nein, leicht wurden uns die letzten Kilometer nicht gemacht. Nach 15:35:56 Stunden haben wir das Ziel nach 80zig superharten und nicht immer ungefährlichen Kilometern geschafft. Der Energieverbrauch lag bei ca. 10.000 kcal, es reicht aber nicht ganz für die 100 Kilometer. Aber wir „Flachländer“ sind trotzdem stolz auf die gefinishten 80 Kilometer mit 3300 Höhenmetern.
Fazit: Der Lauf ist super organisiert, die Verpflegung und das Personal sind top. Die Kennzeichnung der Strecke war perfekt, obwohl der Organisator eine Wanderkarte vorschrieb. Die Freundlichkeit und die Hilfsbereitschaft des ganzen Orga-Teams waren „ansteckend“. Selbst bin ich noch nie so eine schwierige, anstrengende und anspruchsvolle Strecke gelaufen. Als Entschädigung bekamen wir wunderschöne Landschaften geboten. Ein spezielles Training für diesen Lauf findet man nicht in unserer Umgebung. Da erscheinen mir die Berge in Sauerland nur als Hügel und unsere Wanderwege als Autobahnen.
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